Chinesisch Kochen: Pfannenrühren

Diese Technik wird bei Fleisch, Geflügel, Gemüse, Fisch und Meeresfrüchten (Krusten- und Schalentieren) angewandt. Obwohl dem Sautieren sehr ähnlich, ist sie noch schneller und faszinierender. Die Zutaten werden in Scheibchen geschnitten, gewürfelt oder gehackt, dann über sehr groΒer Hitze schnell in wenig Öl gerüttelt und gewendet. (Das heiΒe Öl schlieΒt die Poren und bewahrt den Saft, erhält den einzelnen Ingredienzien Farbe, Gewebefestigkeit und Aroma.) AnschlieΒend wird eine geringe Menge Flüssigkeit zugegeben und die Mischung darin so schnell wie eben möglich gar gemacht. Die fertige Speise sieht nicht nur gut aus, sondern behält auch ihren vollen Nährwert und ist sehr leicht verdaulich.

Das Wichtigste beim Pfannenrühren ist die Intensität der Hitze an der Kochstelle. Sie ist von Herd zu Herd sehr verschieden. Gas ist günstiger als Elektrizität, da die Flammen im Nu kleiner oder gröΒer eingestellt werden können. (Bei Elektroherden stellt man am besten im voraus den gewünschten Wärmegrad ein. Während des Kochvorgangs nimmt man dann, anstatt die Einstellknöpfe hin und her zu drehen, lieber gelegentlich kurz die Pfanne von der Platte, um die Temperatur zu regulieren.) Auch bei Gasherden ist je nach örtlichem Gasdruck oder Herstellungsfirma der Grad der Hitze, die sie erzeugen können, recht unterschiedlich. Zwischen einzelnen Pfannen und Töpfen bestehen gleichfalls beträchtliche Unterschiede. Im allgemeinen wird die Hitze um so schneller weitergeleitet, je dünner das Metall ist. Weitere Abweichungen können durch die Frische der Nahrungsmittel (je frischer sie sind, um so weniger Garzeit benötigen sie) und die Art und Weise, in der sie geschnitten und präpariert sind (je kleiner die Stücke, um so kürzer die Kochzeit) hervorgerufen werden. Wegen all dieser Unter-schiede kann man die Garzeit für Pfannengerührtes nicht auf die Minute genau angeben; alle Zeitangaben sind bloΒe Anhaltspunkte, nach denen man sich orientieren kann, ohne sich sklavisch daran zu halten. Die Köchin sollte ihr Augenmerk stets auf die Speisen, nicht aber auf die Uhr richten.

Mehr als bei jeder anderen Kochtechnik beruht der Erfolg beim Pfannenrühren darauf, daΒ man genau weiΒ, was man tut und warum man es tut. Man muΒ prinzipiell wissen, daΒ jede Zutat ihre eigene Kochzeit hat: daΒ zartere Zutaten weniger Hitze, zähere aber mehr brauchen; daΒ jede einzelne separat und in logischer Reihenfolge so in die Pfanne gegeben werden muΒ, daΒ sie am Ende alle zusammen fertig sind. Pfannengerührtes erfordert die Fähigkeit zu sekundengenauer zeitlicher Einteilung, einen Sinn für das richtige Nacheinander der Zutaten, sowie ein feines Gefühl für den jeweils benötigten Hitzegrad und den exakten Augenblick des Garseins.

Pfannengerührtes kann man nicht gleichgültig und leichthin zubereiten. Da viele Zutaten erforderlich sind, liegt der Reiz in ihrer Koordinierung: jede einzeln, aber im genau richtigen Moment in die Pfanne zu geben. Ist das Fett erst einmal auf dem Feuer, wird das Tempo immer geschwinder. Jede Minute zählt. Zutaten müssen ohne langes Zögern und manchmal in Abständen von Sekunden in den Topf geworfen werden. Zeit zum Überlegen gibt es nun nicht mehr. Die Hand muΒ rühren, das Auge auf den Speisen ruhen, der Verstand den nächsten Schritt kalkulieren. Alle Sinne sind angespannt, nicht zuletzt der praktische Sinn: Wenn etwa ein Gemüse anzubrennen beginnt, muΒ die Temperatur unter der Pfanne natürlich sofort verringert werden, wenn es überweich oder pappig zu werden droht, muΒ es unverzüglich aus der Pfanne genommen werden.

Obwohl die richtige Zeiteinteilung und -einhaltung Anfang und Ende allen Pfannenrührens ist, hängt das Geschick der Speise nicht einzig davon ab. Hat die Köchin irgendwann das Gefühl, daΒ alles zu schnell geht, so nimmt sie einfach die Pfanne vom Feuer, holt ein paarmal tief Luft, sammelt ein, zwei Minuten lang ihre Gedanken wieder und fährt dort fort, wo sie kurz vorher aufhörte.

Der Erfolg des Pfannenrührens hängt auch von der guten Vorbereitung ab. Diese schlieΒt das Schneiden, Einweichen, Abkochen oder überbrühen, das Abwiegen, Abmessen und Mischen der Zutaten ein. Wenn der eigentliche KochprozeΒ einmal im Gange ist, bleibt keine Zeit mehr, vergessene Zutaten aufzustöbern. Sobald der erforderliche Hitzegrad erreicht ist, muΒ alles griffbereit und kochfertig dastehen. Auf den ersten Blick mag das Pfannenrühren recht kompliziert erscheinen, doch mit zunehmender Praxis und wachsender Erfahrung wird es immer leichter und vergnüglicher, bis es schlieΒlich zu einer Art Freilauf-Technik wird, bei der man ganz intuitiv handelt und die Geschwindigkeit als anregendes Stimulans genieΒt. Wer das Pfannen-rühren wirklich beherrscht, beherrscht die chinesische Küche.

Anmerkung: Beim Servieren pfannengerührter Gerichte sollte man sich stets an ein altes chinesisches Sprichwort erinnern, das da lautet: Es ist besser, daΒ der Mensch auf seine Mahlzeit, als daΒ die Mahlzeit auf den Menschen, warte! Pfannengerührtes darf nicht warten. Es muΒ gleich nach der Fertigstellung aufgetragen werden. Wenn es auch nur eine Minute oder zwei zu lang auf dem Herd stehenbleibt, kocht es im eigenen Dampf weiter. Leuchtend grüne Gemüse verlieren die Farbe. Speisen, die knusprig, rösch, köstlich und duftend waren, sind im Handumdrehen zusammengefallen und pappig. Sie schmecken nach nichts mehr. Werden sie kalt, verlieren sie vollends den Geschmack; wärmt man sie wieder auf, werden sie zäh. Pfannengerührte Gerichte sollten niemals aufs Feuer gesetzt werden, ehe nicht die Esser um den Tisch sitzen. Da die reine Garzeit durchschnittlich nur etwa fünf Minuten dauert, ist das Warten erträglich. Serviert man zuerst eine Suppe, so fällt die kurze Zeitspanne überhaupt nicht auf.